
"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." So steht es in Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes. Das dies nicht so ist, sieht man beispielsweise bei der Wahl zum höchsten Staatsamt: Die Politik verweigert uns mündigen Bürgerinnen und Bürgern, unsere Bundespräsidentin oder unseren Bundespräsidenten selbst zu wählen. Angeblich aus Angst, man würde einem "Rattenfänger" wie 1933 auf den Leim gehen. Die Politik will uns also vor uns selbst schützen, gleichzeitig auch das höchste Staatsamt vor "dem Amt nicht angemessenen Wahlkämpfen" schützen. Wie sorgsam von der Politik.

Wie man es nicht macht, haben wir gerade erst selbst erlebt. Am 30. Juni wählte die Bundesversammlung Christian Wulff zum 10. Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Was in den Stunden, aber auch den Tagen und vier Wochen davor passierte, entwickelte sich zur Farce. Reine Parteipolitik wurde deutlich: Während Angela Merkel mit Herrn Wulff einen parteiinternen Widersacher "beförderte" und gleichzeitig kalt stellte, nominierte die SPD mit Dr. Joachim Gauck einen allseits anerkannten ehemaligen DDR-Bürgerrechtler, der auch in der CDU und vor allem in der Bevölkerung hohes Ansehen genießt. Ein kluger Schachzug - zugegeben. Aber hätte die SPD Herrn Gauck auch dann nominiert, wenn sie selbst die Mehrheit in der Bundesversammlung inne gehabt hätte? Wohl kaum. Wenn man diese parteipolitischen Schachzüge keine Beschädigung des Amtes nennen kann - was dann?
Die Politik sollte sich darauf besinnen, wem sie dienen soll. Nicht sich selbst, den Parteien, den Lobbyisten und Verbänden, sondern dem Volk, das sie wählt und letzten Endes auch bezahlt. Und das Volk möchte den Bundespräsident künftig selbst wählen. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
cogito - 2. Jul, 12:14