Montag, 8. Februar 2010

Die Steuersünder-CD und die Scheinheiligkeit der Selbstgerechten

2010_02_08_Steuersuender-CDEin heikles Thema geistert seit Tagen durch alle Medien: Die ominöse Steuersünder-CD, auf der ein ehemaliger Mitarbeiters der schweizerischen Niederlassung des Bankhauses HSBC zig Datensätze von angeblichen Steuerflüchtlingen (noch ist es ja nicht bewiesen) gesammelt hat und die nun der Bundesregierung für 2,5 Millionen Euro zum Kauf angeboten wurde. Der Clou: Durch die Auswertung der Datensätze könnten die betroffenen Bundesländer Steuern und Strafen im Werte des Vielfachen dieses Betrages einnehmen. Momentan schwanken die ausgerufenen Summen zwischen 100 und 400 Millionen Euro. Genau kann das natürlich noch niemand wissen, da die Datensätze ja bekanntlich noch nicht vorliegen.

Eine Frage spaltet dabei die Nation: Darf die öffentliche Hand Steuergelder in die Hand nehmen, um eine solche CD mit illegal erfassten (und damit gestohlenen) Daten zu erwerben?

Gerade bei vielen finanziell Bessergestellten und - allen voran - der FDP (die selbst einmal mit dem Slogan "Partei der Besserverdienenden" für sich warb) wird massiv gegen einen solchen Ankauf gewettert. Tenor: Hehlerei, Anstiftung zur Kriminalität, falsche Vorbildfunktion. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und gerade bei dieser Zielgruppe Eigennutz vermutet. Streng nach dem Motto: Viel Staub aufwirbeln und Kopf einziehen, damit man selbst nicht "belästigt" wird. So einfach ist das natürlich nicht, und auch nicht alle, die so argumentieren, haben Dreck am Stecken.

Selbstverständlich ist es nicht in Ordnung, wenn ein Mitarbeiter eines Unternehmens Daten seiner Firma stiehlt. Aber: Im vorliegenden Fall hat - so ist es zu lesen und auch glaubhaft - der Mitarbeiter von der Illegalität des Tuns seines Unternehmens und der Anleger gewusst und sowohl seine Vorgesetzten als auch die schweizerischen Behörden informiert - ohne dass diese darauf reagiert haben. Nun also stellt er die Daten dem deutschen Fiskus zur Verfügung - dass er das nicht "für lau" tut ist sicherlich nachvollziehbar, denn sein Job ist weg, und in der gleichen Branche nochmals eine Anstellung zu finden dürfte wohl eher unwahrscheinlich sein, um es einmal freundlich auszudrücken.

Der deutsche Fiskus kauft also Daten von Anlegern, die - höchstwahrscheinlich bewusst - dem Staat Steuern vorenthalten haben, und die von einem Unternehmen stammen, dass - höchstwahrscheinlich ebenso bewusst - diese Anleger bei der Steuerhinterziehung unterstützt hat. Auf gut deutsch: Die Steuersünder werden mit den gleichen Waffen geschlagen. Und es geht ja hier nicht darum, einen illegalen Gewinn zu machen - nein, der deutsche Fiskus holt sich nur das, was ihm sowieso von Anfang an zugestanden hat. Plus einer angemessenen und vom Gesetzgeber vorgesehenen Geldstrafe. Aber selbst das muss ja nicht sein, denn jeder Betroffene hat ja (noch!) die Möglichkeit zur (strafbefreienden) Selbstanzeige. Wenn er die nicht nutzt - selbst schuld.

Es mag nicht 100 %-ig astrein sein, aber dem deutschen Steuerzahler (und aller Wille geht ja bekanntlich vom Volke aus) wäre wohl nicht begreiflich zu machen, wenn der Fiskus diese Chance, das Eigentum der Gemeinschaft zurückzuerlangen, nicht nutzen würde, nur, weil irgendwelche Paragraphenreiter "Böse!" rufen, obwohl Recht und Gesetz ihre eigenen Mandanten bei der Steuerhinterziehung einen feuchten Kehricht interessiert haben.

Diese Geschichte sollte allen (vorhandenen und potenziellen) Steuersündern eine Lehre sein. Wird sie aber nicht. Wir kennen das schon. Aber die nächste CD kommt bestimmt.

Zitat des Tages XXXII

Wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast,
dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit,
wie unwahrscheinlich sie auch ist.


Sir Arthur Conan Doyle (22.05.1859 - 07.07.1930),
britischer Arzt und Kriminalautor ('Sherlock Holmes')

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