Montag, 28. Dezember 2009

Steuerehrlichkeit: Ist der Staat ehrlich zu uns?

»Aber der Staat lügt in allen Zungen
des Guten und Bösen;
und was er auch redet, er lügt
– und was er auch hat,
gestohlen hat er’s.
Ach, auch in euch, ihr großen Seelen,
raunt er seine düsteren Lügen!«

( Friedrich Nietzsche )



Es naht das Jahresende, und damit auch wieder für die Ersten der Gedanke an die Einkommensteuererklärung (natürlich insbesondere für diejenigen, die Geld vom Staat zurück erwarten).

Immer wieder kritisieren Politiker und Finanzverwaltung die angeblich so mangelhafte Ehrlichkeit der Steuerzahler. Da werden zuviele Kilometer in der Steuererklärung angegeben, zuviele Belege geltend gemacht, eventuell sogar Einnahmen unterschlagen.

Ein Kavaliersdelikt? Wohl kaum. Immerhin geht es beim Einzelnen vielleicht nur um ein paar Euro, aber man rechne das mal auf zig Millionen Steuerpflichtige hoch.

Aber wie sieht es auf der anderen Seite aus? Durch Zufall fällt mir heute ein Bericht über einen "Nichtanwendungserlass" in die Hände. Für all diejenigen, die mit diesem Begriff nichts anfangen können: Klagt ein Steuerzahler erfolgreich gegen einen Steuerbescheid, z. B. aufgrund einer fehlerhaften gesetzlichen Regelung, sollte man ja eigentlich - so das Vertrauen der Steuerzahler in ihre Regierung - davon ausgehen, dass die Finanzverwaltung anschließend die fehlerhafte Besteuerung bei allen Steuerzahlern korrigiert, im Zweifelsfall also zuviel gezahlte Steuern erstattet. Durch den Nichtanwendungserlass aber wird - und das sogar ganz legal - angeordnet, dass nur im konkreten Einzelfall (also bei demjenigen, der geklagt hat) eine Steuererstattung erfolgt. Alle anderen gehen leer aus. Selber schuld, sie hätten ja ebenfalls klagen können. So wohl der Gedanke dahinter. Gleichzeitig sind auch private Steuerberatungskosten seit einigen Jahren nicht mehr steuerlich absetzbar. Dass selbst Experten kaum noch durch den Wust an Steuergesetzen durchblicken, scheint absolut nachrangig zu sein. Tenor: Der Bürger soll sich nicht über seine Rechte beraten lassen, sondern einfach nur zahlen, was die Regierung vorschreibt.

Fair ist auch das nicht. Und auch hier geht es nicht um Centbeträge, sondern um zig Millionen, wenn nicht sogar Milliarden, und das jedes Jahr.

Wundert es einen also, wenn der "Otto Normalverbraucher", der gewöhnliche Einkommensteuerzahler, die Sinnhaftigkeit einer ehrlichen und dem Gemeinwohl dienenden Steuererklärung nicht mehr begreifen kann?

Mal ganz abgesehen davon, wie viele Milliarden jedes Jahr verprasst und vergeudet werden - siehe dazu nur die aktuelle Berichterstattung über die "Last-Minute-Anschaffung" von Montblanc-Füllfederhaltern durch inzwischen ausgeschiedene Bundestagsabgeordnete. Von "Nur-so-da-Brücken", Fehlinvestitionen und fehlgeleiteten Fehlsubventionen mal ganz abgesehen.

"Es muss ein Ruck durch dieses Land gehen", forderte der damalige Bundespräsident Roman Herzog 1997 im Berlin Hotel Adlon. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof sprach sogar von einem vereinfachten Steuersystem mit nur 23 Paragraphen. Da bleibt kein Platz für Subventionen, Vergünstigungen, Steuerflüchtlinge. Aber genau die haben ihre Lobby in unserem Land.

Was aber ist mit dem Volk? Haben auch wir eine Lobby?

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