Der Fall Kachelmann und die Folgen
Zugegeben - was gibt es, was man nicht in der Presse über den Fall Kachelmann lesen kann? Warum schreibe ich etwas dazu? Ich, der ich weder Journalist bin, noch dabei war, sondern den ganzen Fall auch nur aus der Presse kenne?
Genau das ist einer der Gründe, warum ich dazu etwas schreibe. So ziemlich Jede und Jeder in unserem Land hat in den vergangenen Wochen und Monaten von dem Verfahren gegen den schweizerischen Wetterguru gehört, und sehr viele Menschen haben sich eine Meinung dazu gebildet - in der einen oder der anderen Richtung.
Zum Verfahrensausgang bleibt nicht viel zu sagen - was tatsächlich passiert ist, wird wohl niemals wirklich geklärt werden. Der Vorsitzende Richter am Mannheimer Landgericht hat einige sehr weise Worte dazu gesagt: "Wir entlassen den Angeklagten und die Nebenklägerin mit einem möglicherweise nie mehr aus der Welt zu schaffendem Verdacht, ihn als potenziellen Vergewaltiger, sie als potenzielle rachsüchtige Lügnerin. Unterstellen Sie die jeweils günstigste Variante für Herrn Kachelmann und für Frau [...], und führen Sie sich dann vor Augen, was beide möglicherweise durchlitten haben. Nur dann haben Sie den Grundsatz ,in dubio pro reo’ verstanden“.
Damit wäre eigentlich alles gesagt. Nur leider ist es in der Realität nicht so einfach, das Zitat des Vorsitzenden Richters dürfte wohl eher Wunschdenken sein.
Wie aber ist es dazu gekommen, dass die Kammer den Eindruck völliger Hilflosigkeit vermittelt? Warum gibt es nun letztendlich zwei Schuldige? Ich persönlich glaube, insbesondere folgende Beteiligte haben entscheidend dazu beigetragen:
Der Angeklagte: Jörg Kachelmann
"Moralisch verwerfliches Tun", las ich kürzlich in einer Zeitung über das Verhalten des Schweizers. Wobei hier die Frage zu stellen ist, wer eigentlich festlegt, was moralisch in Ordnung und was verwerflich ist. Jeder hat seinen eigenen Geschmack, was diesen Thema angeht, und das ist auch gut so. Wenn Kachelmann das in der Presse groß und breit dargestellte Leben geführt hat, ist das sein Privatvergnügen. Ich vermag das nicht zu verurteilen, und jeder andere sollte es ebenfalls nicht tun, sondern sich um sein eigenes Leben kümmern. Der Prozess hat gezeigt, dass viele seiner Geliebten über sein mangelndes Interesse an Monogamie bestens informiert waren und das offenbar akzeptierten. Und selbst wenn nicht: Vielweiberei ist nicht strafbar. Dass dieser Vorwurf (nicht der der Vergewaltigung und Körperverletzung!) dem Ruf des Frauenschwarms geschadet hat, glaube ich nicht einmal. Es gibt sehr viele Frauen, die auf genau diesen Typ Mann "stehen" - und wenn es nur darum geht, ihn endlich "auf die richtige Spur" bringen zu wollen. Eine hat das vielleicht auch geschafft, immerhin hat Kachelmann während des Verfahrens geheiratet. Jeder ist seines Glückes Schmied.
Die Nebenklägerin
Wie nennt man sie nun, nach dem erfolgten Freispruch? Selbst die von der Presse gewählte Bezeichnung "mutmaßliches Opfer" ist ja nun nicht mehr gerechtfertigt. Belassen wir es bei der Bezeichnung "Nebenklägerin". Ob sie wirklich ein Vergewaltigungsopfer ist - wie gesagt, wird man wohl nie erfahren. Dem Urteilsspruch des Mannheimer Landgerichts nach ist sie formell keines, daran ändert auch das obige Zitat des Kammervorsitzenden nichts. Dass die Frau vermutlich ihr Leben lang ein moralisches Opfer sein wird, ist wiederum teilweise der Sensationslust der Bevölkerung zu verdanken - und der Presse, die diese bedient. Aber man muss der Nebenklägerin selbst auch einige Dinge vorhalten, die angesichts der behaupteten Tat zumindest für mich absolut nicht nachvollziehbar sind: Warum hat sie gelogen? Warum hat sie einen anonymen Brief geschrieben, diesen auf einem USB-Stick gespeichert, dann an einem fremden Drucker ausgedruckt und dann versendet? Welches Kalkül muss man haben, dass man bei einem solchen Vorhaben davon ausgeht, dass später einmal untersucht werden könnte, ob dieser Brief am eigenen Drucker gedruckt worden ist? Wenn man diesen Punkt betrachtet, liegt der Verdacht nahe, dass sie Kachelmann bewusst schaden wollte. Und wenn man das "im Kleinen" macht - wie sieht es dann bei den "großen" Dingen aus? Einer Körperverletzung, oder gar einer Vergewaltigung?
Die Nebenklägerin hat sich mit ihrem Verhalten keinen Gefallen getan. Wenn sie wirklich vergewaltigt wurde, dann hat sie selbst eine erhebliche Mitschuld daran, dass durch ihre zerstörte Glaubwürdigkeit keine Verurteilung erfolgt ist.
Der Verteidiger: Johann Schwenn
Um es mal etwas flapsig zu sagen: Schwenn wurde im laufenden Spiel eingewechselt und spielte von Anfang an sehr aggressiv. Dass ein Verteidiger in der Wahl seiner Mittel und Worte sehr weit gehen darf, mag juristisch einwandfrei sein. Dennoch muss ich für mich persönlich feststellen, dass mich das Verhalten von Schwenn eher abgestoßen hat. Er nutzte offensichtlich jede Gelegenheit, um alle anderen als "dumme Kinder" stehen zu lassen und auf allen Beteiligten, die sich nicht im Bereich der Anklagebank aufhielten, herumzuhacken, sie schlecht zu machen oder herabzuwürdigen. Ich glaube kaum, dass dies letztendlich an der Entscheidung der Kammer etwas geändert hat. Dennoch war das Verhalten des Verteidigers aus meiner persönlichen Sicht arrogant, teilweise unverschämt und entwürdigend. Es ließ oftmals den Respekt vor dem Gericht und anderen Menschen vermissen und war zumindest einem deutschen Gerichtssaal sicherlich nicht immer angemessen (in den USA mag das anders sein). Ob er Kachelmann damit einen Gefallen getan hat, weiß ich nicht. Denn ein Angeklagter wird sicherlich auch über das Verhalten seines Verteidigers beurteilt. Eine Vorbildfunktion für andere Prozesse wird hierdurch hoffentlich nicht geschaffen. Es würde dem Ansehen der Justiz nicht gut tun.
Die Presse
"Only bad news are good news" - diesen Grundsatz bestätigte vor allem die Boulevardpresse. Als ob es kein wichtigeres Theme gäbe, wurde der Fall Kachelmann vor allem vor, an und nach den Prozesstagen von vorne bis hinten durchgekaut. Selbst ernannte Expertinnen und Experten äußerten oftmals einseitige Meinungen, bei denen man nach einer Expertise lange suchen konnte, aber keine fand. Das man eine finden sollte, erschien manchmal auch gar nicht als beabsichtigt.
Unmittelbar nach dem Freispruch wurden Befürchtungen laut, dass Frauen angesichts dieser Schlammschlacht und des Urteils künftig noch verunsicherter sein und mehr Hemmungen haben werden, eine (versuchte) Vergewaltigung bei der Polizei anzuzeigen. Ich muss ehrlich zugeben: Ich könnte es verstehen. Auch wenn ich die Schuld dafür nicht bei Kachelmann sehe (wie es gestern und heute teilweise kolportiert wurde), sondern in der Darstellung und Verbreitung durch die Presse. Was da manchmal veröffentlicht wurde, hatte - zumindest nach meinem Verständnis - mit Journalismus wenig zu tun. Effektheischerei, Sensationsgeilheitsförderung - das wären da wohl eher die richtigen Begriffe.
Die Prozessbeobachterin: Alice Schwarzer
Deutschlands berühmteste Feministin erweckte durch ihr Auftreten des öfteren den Eindruck, dass Kachelmann allein deshalb schon schuldig zu sprechen sei, weil er ein Mann ist - völlig unabhängig davon, ob er eine Straftat begangen hat oder nicht. Sie sprach - für eine Journalistin ein unverzeihlicher, weil parteiischer Fehler - anfangs stets von "dem Opfer" - nicht von einem "mutmaßlichen Opfer". Schwarzer bezog vom ersten Tag an deutlich Partei für die Nebenklägerin, von einer unabhängigen Prozessbeobachtung ihrerseits konnte man nun wirklich nicht sprechen. Sie hat damit nicht nur ihren eigenen Ruf nachhaltig beschädigt - auch den der Frauenförderung, der mit Schwarzers Feminismus heutzutage nur noch am Rande zu tun hat. Auch Ihr Auftreten gestern bei Markus Lanz (ZDF) und heute bei Steffen Hallaschka (RTL sternTV) vermittelte nicht das Bild einer unabhängigen, neutralen Beobachterin. Auch wenn sie sich inzwischen deutlich zurücknimmt, könnte man den Eindruck einer sehr einseitigen Denkweise gewinnen: "Auch wenn er es tatsächlich nicht war - man hätte ihn besser trotzdem verurteilt, den Frauen in Deutschland zuliebe."
Dies alles ist meine persönliche Meinung über die Auswirkungen des "Fall Kachelmann". Gerne trete ich mit Euch dazu in eine Diskussion ein.
Genau das ist einer der Gründe, warum ich dazu etwas schreibe. So ziemlich Jede und Jeder in unserem Land hat in den vergangenen Wochen und Monaten von dem Verfahren gegen den schweizerischen Wetterguru gehört, und sehr viele Menschen haben sich eine Meinung dazu gebildet - in der einen oder der anderen Richtung.
Zum Verfahrensausgang bleibt nicht viel zu sagen - was tatsächlich passiert ist, wird wohl niemals wirklich geklärt werden. Der Vorsitzende Richter am Mannheimer Landgericht hat einige sehr weise Worte dazu gesagt: "Wir entlassen den Angeklagten und die Nebenklägerin mit einem möglicherweise nie mehr aus der Welt zu schaffendem Verdacht, ihn als potenziellen Vergewaltiger, sie als potenzielle rachsüchtige Lügnerin. Unterstellen Sie die jeweils günstigste Variante für Herrn Kachelmann und für Frau [...], und führen Sie sich dann vor Augen, was beide möglicherweise durchlitten haben. Nur dann haben Sie den Grundsatz ,in dubio pro reo’ verstanden“.
Damit wäre eigentlich alles gesagt. Nur leider ist es in der Realität nicht so einfach, das Zitat des Vorsitzenden Richters dürfte wohl eher Wunschdenken sein.
Wie aber ist es dazu gekommen, dass die Kammer den Eindruck völliger Hilflosigkeit vermittelt? Warum gibt es nun letztendlich zwei Schuldige? Ich persönlich glaube, insbesondere folgende Beteiligte haben entscheidend dazu beigetragen:
Der Angeklagte: Jörg Kachelmann
"Moralisch verwerfliches Tun", las ich kürzlich in einer Zeitung über das Verhalten des Schweizers. Wobei hier die Frage zu stellen ist, wer eigentlich festlegt, was moralisch in Ordnung und was verwerflich ist. Jeder hat seinen eigenen Geschmack, was diesen Thema angeht, und das ist auch gut so. Wenn Kachelmann das in der Presse groß und breit dargestellte Leben geführt hat, ist das sein Privatvergnügen. Ich vermag das nicht zu verurteilen, und jeder andere sollte es ebenfalls nicht tun, sondern sich um sein eigenes Leben kümmern. Der Prozess hat gezeigt, dass viele seiner Geliebten über sein mangelndes Interesse an Monogamie bestens informiert waren und das offenbar akzeptierten. Und selbst wenn nicht: Vielweiberei ist nicht strafbar. Dass dieser Vorwurf (nicht der der Vergewaltigung und Körperverletzung!) dem Ruf des Frauenschwarms geschadet hat, glaube ich nicht einmal. Es gibt sehr viele Frauen, die auf genau diesen Typ Mann "stehen" - und wenn es nur darum geht, ihn endlich "auf die richtige Spur" bringen zu wollen. Eine hat das vielleicht auch geschafft, immerhin hat Kachelmann während des Verfahrens geheiratet. Jeder ist seines Glückes Schmied.
Die Nebenklägerin
Wie nennt man sie nun, nach dem erfolgten Freispruch? Selbst die von der Presse gewählte Bezeichnung "mutmaßliches Opfer" ist ja nun nicht mehr gerechtfertigt. Belassen wir es bei der Bezeichnung "Nebenklägerin". Ob sie wirklich ein Vergewaltigungsopfer ist - wie gesagt, wird man wohl nie erfahren. Dem Urteilsspruch des Mannheimer Landgerichts nach ist sie formell keines, daran ändert auch das obige Zitat des Kammervorsitzenden nichts. Dass die Frau vermutlich ihr Leben lang ein moralisches Opfer sein wird, ist wiederum teilweise der Sensationslust der Bevölkerung zu verdanken - und der Presse, die diese bedient. Aber man muss der Nebenklägerin selbst auch einige Dinge vorhalten, die angesichts der behaupteten Tat zumindest für mich absolut nicht nachvollziehbar sind: Warum hat sie gelogen? Warum hat sie einen anonymen Brief geschrieben, diesen auf einem USB-Stick gespeichert, dann an einem fremden Drucker ausgedruckt und dann versendet? Welches Kalkül muss man haben, dass man bei einem solchen Vorhaben davon ausgeht, dass später einmal untersucht werden könnte, ob dieser Brief am eigenen Drucker gedruckt worden ist? Wenn man diesen Punkt betrachtet, liegt der Verdacht nahe, dass sie Kachelmann bewusst schaden wollte. Und wenn man das "im Kleinen" macht - wie sieht es dann bei den "großen" Dingen aus? Einer Körperverletzung, oder gar einer Vergewaltigung?
Die Nebenklägerin hat sich mit ihrem Verhalten keinen Gefallen getan. Wenn sie wirklich vergewaltigt wurde, dann hat sie selbst eine erhebliche Mitschuld daran, dass durch ihre zerstörte Glaubwürdigkeit keine Verurteilung erfolgt ist.
Der Verteidiger: Johann Schwenn
Um es mal etwas flapsig zu sagen: Schwenn wurde im laufenden Spiel eingewechselt und spielte von Anfang an sehr aggressiv. Dass ein Verteidiger in der Wahl seiner Mittel und Worte sehr weit gehen darf, mag juristisch einwandfrei sein. Dennoch muss ich für mich persönlich feststellen, dass mich das Verhalten von Schwenn eher abgestoßen hat. Er nutzte offensichtlich jede Gelegenheit, um alle anderen als "dumme Kinder" stehen zu lassen und auf allen Beteiligten, die sich nicht im Bereich der Anklagebank aufhielten, herumzuhacken, sie schlecht zu machen oder herabzuwürdigen. Ich glaube kaum, dass dies letztendlich an der Entscheidung der Kammer etwas geändert hat. Dennoch war das Verhalten des Verteidigers aus meiner persönlichen Sicht arrogant, teilweise unverschämt und entwürdigend. Es ließ oftmals den Respekt vor dem Gericht und anderen Menschen vermissen und war zumindest einem deutschen Gerichtssaal sicherlich nicht immer angemessen (in den USA mag das anders sein). Ob er Kachelmann damit einen Gefallen getan hat, weiß ich nicht. Denn ein Angeklagter wird sicherlich auch über das Verhalten seines Verteidigers beurteilt. Eine Vorbildfunktion für andere Prozesse wird hierdurch hoffentlich nicht geschaffen. Es würde dem Ansehen der Justiz nicht gut tun.
Die Presse
"Only bad news are good news" - diesen Grundsatz bestätigte vor allem die Boulevardpresse. Als ob es kein wichtigeres Theme gäbe, wurde der Fall Kachelmann vor allem vor, an und nach den Prozesstagen von vorne bis hinten durchgekaut. Selbst ernannte Expertinnen und Experten äußerten oftmals einseitige Meinungen, bei denen man nach einer Expertise lange suchen konnte, aber keine fand. Das man eine finden sollte, erschien manchmal auch gar nicht als beabsichtigt.
Unmittelbar nach dem Freispruch wurden Befürchtungen laut, dass Frauen angesichts dieser Schlammschlacht und des Urteils künftig noch verunsicherter sein und mehr Hemmungen haben werden, eine (versuchte) Vergewaltigung bei der Polizei anzuzeigen. Ich muss ehrlich zugeben: Ich könnte es verstehen. Auch wenn ich die Schuld dafür nicht bei Kachelmann sehe (wie es gestern und heute teilweise kolportiert wurde), sondern in der Darstellung und Verbreitung durch die Presse. Was da manchmal veröffentlicht wurde, hatte - zumindest nach meinem Verständnis - mit Journalismus wenig zu tun. Effektheischerei, Sensationsgeilheitsförderung - das wären da wohl eher die richtigen Begriffe.
Die Prozessbeobachterin: Alice Schwarzer
Deutschlands berühmteste Feministin erweckte durch ihr Auftreten des öfteren den Eindruck, dass Kachelmann allein deshalb schon schuldig zu sprechen sei, weil er ein Mann ist - völlig unabhängig davon, ob er eine Straftat begangen hat oder nicht. Sie sprach - für eine Journalistin ein unverzeihlicher, weil parteiischer Fehler - anfangs stets von "dem Opfer" - nicht von einem "mutmaßlichen Opfer". Schwarzer bezog vom ersten Tag an deutlich Partei für die Nebenklägerin, von einer unabhängigen Prozessbeobachtung ihrerseits konnte man nun wirklich nicht sprechen. Sie hat damit nicht nur ihren eigenen Ruf nachhaltig beschädigt - auch den der Frauenförderung, der mit Schwarzers Feminismus heutzutage nur noch am Rande zu tun hat. Auch Ihr Auftreten gestern bei Markus Lanz (ZDF) und heute bei Steffen Hallaschka (RTL sternTV) vermittelte nicht das Bild einer unabhängigen, neutralen Beobachterin. Auch wenn sie sich inzwischen deutlich zurücknimmt, könnte man den Eindruck einer sehr einseitigen Denkweise gewinnen: "Auch wenn er es tatsächlich nicht war - man hätte ihn besser trotzdem verurteilt, den Frauen in Deutschland zuliebe."
Dies alles ist meine persönliche Meinung über die Auswirkungen des "Fall Kachelmann". Gerne trete ich mit Euch dazu in eine Diskussion ein.
cogito - 1. Jun, 23:22